Am 30.Juni 2013 hatte das Warten ein Ende: Ein langes Jahr der Amerika-Abstinenz war um und wir machten uns nun endlich wieder auf den Weg zum Düsseldorfer Flughafen, um unser großes Route 66 - Abenteuer zu starten. Dieses Mal war es nicht nur ein Abenteuer hinsichtlich unbekannten Terrains, sondern auch hinsichtlich der Hotels: Suche ich sonst immer mit großer Akribie besondere Hotels aus, hatten wir in diesem Jahr zum ersten Mal eine Pauschalreise gebucht, um die 500 Euro-Einwegmiete für den Mietwagen zu sparen. Da die Route ja so oder so feststand und nur renommierte Hotelketten angeboten wurden, wähnten wir uns trotzdem auf der sicheren Seite, was sich jedoch noch als böser Fehler herausstellen sollte. Immerhin drei Hotels konnten wir noch kostenlos ändern, was wir natürlich (und auch zum Glück) nutzten.
Unser Flug hatte leider eine Stunde Verspätung, was wir erst im Flugzeug erfuhren. So hieß es also, sich schon einmal an die Sitze zu gewöhnen, die erfreulicherweise etwas großzügiger waren, als wir befürchtet hatten. Dieses Mal flogen wir nämlich statt mit Air Berlin mit Lufthansa, wo eine Reservierung von XL-Seats nicht möglich war. Doch mit diesen Sitzen ging es auch so. Schnell startete das Personal mit dem Service, über den wir den ganzen Flug nach Chicago staunten: Ständig wurden Getränke gereicht, Wein wurde wie anderswo Softdrinks zum Essen angeboten. Im Halbschlaf hörte ich noch den Satz "Cognac ist unterwegs!" und so sollte es weitergehen...
Das Einreiseprozedere in Chicago ging so schnell wie noch nie über die Bühne. Der Imigration Officer warnte noch vor Tornados in Oklahoma, dann betraten wir schon amerikanischen Boden. Mit dem Shuttlebus fuhren wir noch ein paar Meilen zu Alamo, wo wir spontan ein Upgrade für ein "Chevy-Schiff" machten, da uns der gebuchte Ford nicht Route 66-gerecht schien. Da war sie schon wieder dahin, die gesparte Einwegmiete... Ein Ford Mustang-Cabrio stand leider nicht für Onewaytouren zur Verfügung, sonst wäre es vielleicht sogar das geworden. In diesem Vehikel sah unser Gepäck doch gleich viel überschaubarer aus... Dann noch die "Bose"-Anlage (!) aufgedreht und auf ging es zum Hotel. Und wir fuhren und fuhren und fuhren... Das "Best Western Plus" lag in Chicago Hillside, war recht ordentlich, aber direkt am Highway und ganz schön weit vom Schuss. Dennoch fuhren wir noch am selben Abend zum "Navy Pier", dem zum Vergnügungspark umgebauten 800m langen Hafenkai am Lake Michigan. Da sich keine kostengünstigere Parkmöglichkeit finden ließ und es schon dunkel wurde, parkten wir für 25$ (!) für nur zwei Stunden direkt am Pier. Es war recht kühl, so dass wir uns gar nicht so lange draußen aufhalten mochten, doch erhaschten wir noch einen netten Blick auf die Skyline.
Wir aßen einen Burger bei "Billy Goat", einem urigen Laden auf dem Pier. Hier gibt es keine Fritten sondern eine Tüte Chips zum Burger. Naja, so hatten wir gleich noch einen Snack fürs Hotel. Ziemlich durchgefroren fuhren wir wieder Richtung Hotel, wo wir ganz in der Nähe einen "Aldi" entdeckt hatten. Leider hatte der gerade geschlossen, als wir uns noch ein paar Getränke kaufen wollten. Zum Glück konnten wir noch kurz vor Toreschluss in einem "Family Dollar" einkaufen, wo wir uns uhrzeittechnisch augenscheinlich nicht gerade beliebt machten... Hauptsache, wir waren erstmal versorgt, denn Frühstück war in unserem "Best Western" nicht inkludiert.
Am nächsten Tag wollten wir Chicago genau unter die Lupe nehmen, wofür wir mit dem Berufsverkehr und entsprechendem Stau zunächst Richtung Buckingham Fountain fuhren. Dieser Brunnen war stets im Vorspann der Serie "Eine schrecklich nette Familie" (Al Bundy) zu sehen. Sie war viel größer als erwartet und wir hielten uns hier gerne ein Weilchen auf.
Danach spazierten wir über die breite Magnificent Mile, wo wir zunächst im sehr schönen "Potbellys" ein ganz leckeres, frisch zubereitetes Sandwich frühstückten. Die Magnificent Mile ist ein Abschnitt der North Michigan Avenue, an der die meisten Sehenswürdigkeiten der Stadt liegen. Die Downtown wird vom Loop umrundet, einer Hochbahn, die einen ordentlichen Krach macht, der bis auf die Magnificent Mile dringt. Wir verzichteten auf eine Fahrt und liefen alles zu Fuß ab.
In einer Nebenstraße der North Michigan Avenue entdeckten wir durch Zufall den Startpunkt der Route 66, der jedoch mehrfach verlegt wurde und deshalb nicht mehr so ganz original ist. Ursprünglich befand er sich am Jackson Boulevard / Ecke Michigan Avenue, da der Jackson Boulevard jedoch irgendwann eine Einbahnstraße wurde, wurde der Startpunkt an die Ecke Michigan Avenue / Adams Street verlegt. Nun mussten wir ihn wenigstens nicht mühsam suchen...
Direkt an der North Michigan Avenue erreichten wir als nächstes Highlight den "Millenium Park", wo wir zunächst die "Crown Fountain" bewunderten. Hierbei handelt es sich um eine Videoinstallation des katalanischen Künstlers Jaume Plensa, bei der Gesichter so auf einen quaderförmigen Brunnen projiziert werden, dass das Wasser aus deren Mündern läuft. Moderne Kunst eben. Kann man mögen, muss man aber nicht.
Ebenfalls zum Millenium Park gehört die Skulptur "Cloud Gate" am Wrigley Square. Zwar soll die 110 Tonnen schwere Skulptur des indischen Künstlers Anish Kapoor einen Quecksilbertropfen darstellen, sie wird jedoch aufgrund ihrer Form allgemeinhin als "The Bean" bezeichnet. Die sich darin spiegelnde Skyline bot ein faszinierendes Fotomotiv.
Der nächste Stopp war am Wrigley Square, wo ich es mir auf einer Bank am römisch anmutenden Brunnen gemütlich machte, während mein Mann einen Stadtplan im "Welcome Center" auf der anderen Straßenseite (201 East Randolph Street) organisierte.
Nach diesem kurzen Päuschen setzten wir unseren Marsch immer entlang der Michigan Avenue fort. Am Chicago Riverwalk trugen wir uns mit dem Gedanken einer Bootsfahrt auf dem Chicago River, verwarfen diesen nach einem Blick auf Uhr und Preisliste schon recht schnell wieder und beschlossen, den schönen Kontrast moderner und 20er- und 30er-Jahre - Architektur von der Straße aus zu genießen. Oberhalb des sich quer durch Downtown ziehenden Flusses erhaschten wir bereits einen Blick auf das Wrigley Building und den Sitz der "Chicago Tribune".
Dann standen wir direkt vor dem archtektonisch sehr schönen "Wrigley Building", in dem sich seit den 1920er Jahren der Firmensitz des Kaugummi-Imperiums befindet. Das Gebäude wurde nach dem Vorbild der Kathedrale von Sevilla erbaut.
Am Water Tower Place befand sich schließlich das Ziel unseres langen Marsches über die Michigan Avenue: Das John Hancock Center. Es ist mit 344m zwar nur das vierthöchste Gebäude der Stadt, bietet jedoch einen fantastischen Blick auf Chicago und den Lake Michigan. Auch "Navy Pier" konnten wir von hier aus sehen. Ein weiterer Vorteil war, dass wir hier wohl im Gegensatz zum "Willis Tower" (ehemals "Sears Tower") keine Wartezeit hatten, um mit dem Fahrstuhl zum Observation Deck im 94.Stock zu fahren.
Wieder unten angekommen, knurrte der Magen und wir machten uns auf die Suche nach "Al's Italian Beef". Die Adresse hatten wir vorher extra auf der Seite unserer Lieblingssendung "Man vs. Food" ( auf DMAX ) herausgesucht, da wir ja immer gerne dort einkehren, wo Adam Richman schon war. Das von ihm als bestes Sandwich Amerikas angepriesene in Sauce getunkte Beefsandwich traf jedoch nicht meine empfindlichen Geschmacksnerven. Hätten wir den kleinen Laden nicht vorher im Fernsehen gesehen, wären wir dort auch aus ästhetischen Gründen bestimmt nicht eingekehrt. Doch es war dort rappeldicke voll und wir haben es wenigstens mal probiert.
Da "Al's Italian Beef" so klein war, dass es dort nichtmal Restrooms gab, mussten wir noch in den riesigen "Rock'n'Roll-McDonalds" in der gleichen Straße einkehren, wenn auch nicht zum Essen... Dann entdeckten wir noch das "Chicago Theatre", holten uns zum Nachtisch noch einen leckeren Obstsalat und schleppten uns mit müden Füßen weiter. Mittlerweile war es schon sehr warm geworden und der Rückweg schien immer länger zu werden.
Dennoch gingen wir noch einmal zur "Buckingham Fountain", deren mittlere Fontäne nun um einiges höher als am Vormittag war und vielen Passanten eine nicht unwillkommene Dusche verpasste. Ich brachte dann doch lieber meine Kamera in Sicherheit und widmete mich den niedlichen Hörnchen, die die Parkbänke besetzten.
Auf dem Rückweg zum Hotel fuhren wir noch durch den wohlhabenden Stadtteil Oak Park, in dem zum einen Hemingway geboren wurde, zum anderen viele Häuser des Architekten Frank Lloyd Wright zu bewundern sind. Da unsere Füße so schmerzten und es von den Anwohnern auch nicht besonders erwünscht ist, verzichteten wir auf einen Spaziergang durch dieses schöne Wohngebiet. Im "Whole Foods Markt" kauften wir noch Wein und Salat fürs Abendessen und standen dann im Feierabendstau nach Hillside. Mein Mann testete noch den Hotelpool, doch "Windy City" machte ihrem Namen doch noch alle Ehre und vergällte ihm das Badevergnügen durch eine kalte Brise.
Am 02.Juli machten wir einen Ausflug in den Nachbarstaat Wisconsin, da wir tags zuvor ja in Chicago schon alles Wichtige weggeguckt hatten. Auf der 150km langen Fahrt nach Milwaukee legten wir noch einen Zwischenstopp im "Illinois Beach State Park" ein. Der riesige Lake Michigan stand der Ostsee in nichts nach und man hätte hier einen schönen Strandtag verbringen können, wäre es nicht so windig und kalt gewesen. Es gab hier Unmengen von Steinen, doch wegen unseres Übergepäcks schon zu Reisebeginn, sahen wir vom Trophäensammeln ab.
In Milwaukee schlenderten wir zuerst durch Old World Third Street, einem Straßenzug mit einigen deutschen Lokalen. In der Mitte des 19. Jahrhunderts war Milwaukee bevorzugtes Ziel deutscher Einwanderer, was letztlich sogar dazu führte, dass es bis ins 20. Jahrhundert hinein mehr deutsch- als englischsprachige Zeitungen gab und die Stadt zur Bierbrauhauptstadt der USA wurde. Heute produziert jedoch nur noch die Millerbrauerei. Bekannt ist Milwaukee heute als Sitz des Harley Davidson-Konzerns und (was ich weniger rühmlich finde) eine der kältesten Städte der USA mit Wintern bis in den April.
Von der Third Street schlenderten wir über den Riverwalk ins Zentrum Milwaukees. Der Riverwalk ist sehr nett gestaltet, so dass man den ganzen Weg entlang des Milwaukee Rivers von süßen Entenskulpturen begleitet wird, die von Bürgern der Stadt gestiftet wurden.
Milwaukee selber ist im Gegensatz zum zuvor besuchten Chicago keine besonders schöne Stadt. Sie ist nicht wirklich groß, jedoch wie die meisten amerikanischen Städte im Schachbrettmuster angelegt. Entsprechend sticht sie nicht besonders hervor. Der Riverwalk ist wirklich nett und die Straßen machten einen gepflegten Eindruck, dennoch ist sie wahrlich kein "Must see" in den Staaten. Entsprechend schnell war unser Besuch auch schon wieder beendet.
Da noch viel vom Tage übrig war, hielten wir auf dem Rückweg nach Chicago noch bei der "Gurnee Mills", der größten Outlet Shopping Mall in Illinois. Mein Mann machte hier bei "Levi's" und "Kenneth Cole" im Summersale ordentliche Schnäppchen. Oje, das Übergepäck! Hoffentlich blieben es auf dem Rückflug immer noch Schnäppchen...? Da Shoppen hungrig macht, wollten wir noch in einem unserer heißgeliebten "Cracker Barrel", den wir auf dem Weg entdeckt hatten, einkehren. Hierfür mussten wir wieder ein kleines Stück auf der Interstate zurückfahren, was sich als schwieriger als gedacht herausstellen sollte, da uns eine Toll-Station mit Münzeinwurf im Wege stand. Leider hatten wir nicht mehr genug Münzen dabei, weshalb wir zunächst einige Meilen abseits der Interstate fahren mussten, bis sich endlich eine Möglichkeit zum Geldwechseln fand. Diese Toll-Stations sind aber auch nervig und von ihnen gibt es eine Menge in Illinois. Das Essen im "Cracker Barrel" war die Mühe dann aber wie immer wert.
Am 03.Juli ging es endlich auf die Route 66. Auch heute standen wir früh auf, da knapp 500km Fahrt vor uns lagen. Im Großraum Chicagos folgte eine Toll-Station der nächsten und ausgerechnet die letzte, die wir passieren mussten, war ohne Kassierer, so dass wir wie den Abend zuvor, passende Münzen in einen Geldzähler werfen mussten. Leider hatten wir aus der Erfahrung nichts gelernt und standen wieder mit zu wenig Münzen da. Nur dass wir dieses Mal nicht einfach wenden konnten. Es half alles nichts: Wir fuhren bei Rot und waren den ganzen Urlaub über beunruhigt, ob wir noch eine Strafe zahlen mussten. (Mussten wir aber zum Glück bis heute nicht!)
Dann erreichten wir Joliet, wo wir zunächst das alte Joliet Prison ansteuerten, das aus dem Beginn des Films "Blues Brothers" bekannt ist.
Das frühe Aufstehen zahlte sich an diesem Morgen nicht wirklich aus, da das Visitor Center, in dem wir uns mit dezidierterem Kartenmaterial eindecken wollten, noch geschlossen war. Zur Überbrückung sahen wir uns also das "Rialto"-Theater von außen an, das zu den zehn schönsten Theatern der USA gehören soll.
Als das Visitor Center endlich geöffnet hatte, versorgte uns ein sehr netter älterer Herr mit umfangreichem Informationsmaterial über die Route 66 in Illinois. Leider interessierten mich zu diesem Zeitpunkt eher die Restrooms, auf die ich schon seit über einer Stunde aus war. Aber ich wollte ja nicht unhöflich sein und er dachte bestimmt, ich würde vor Freude tänzeln...
Von Joliet fuhren wir schließlich immer weiter auf der Mother Road. In Wilmington tankten wir direkt gegenüber des "Gemini Giant" neben dem "Launching Pad"-Imbiss. Im Helm des Giants brütete ein Vogel, der leider ein entsprechendes Foto konsequent verweigerte.
Mit gut gefülltem Tank führte uns der Weg bei leider bedecktem Himmel und leichtem Nieselregen nach Dwight zur alten "Ambler-Becker Texaco"-Tankstelle von 1932, die noch bis 2002 als Reparaturwerkstatt geführt wurde und heute ein kleines Visitor Center beheimatet.
Im kleinen Ort Odell hielten wir noch kurz an der alten "Standard Oil Gas Station" von 1932. Da es immer noch nieselte, stiegen wir aber gar nicht erst aus.
Im nach einem Häuptling der Ottawa-Indianer benannten Ort Pontiac besuchten wir zunächst "The Route 66 Hall of Fame and Museum", wo zahllose teils kuriose im vorigen Jahrhundert gesammelte Artefakte ausgestellt sind.
Ein Rundgang durch das hübsche Städtchen lohnt sich auf jeden Fall: Das Parken ist umsonst, die Museen ebenfalls und viele Fassaden sind mit sehr schönen Wandgemälden geschmückt, die es zu entdecken gilt. Wir waren jedenfalls sehr angetan von diesem angenehmen Ort.
Direkt hinter dem Gerichtsgebäude, das ihr auf den vorausgehenden Bildern seht, entdeckten wir das privat geführte, sehr liebevoll gestaltete und ebenfalls kostenlose "Pontiac Oakland Automobile Museum", in das mein Mann natürlich unbedingt hinein musste. Aber auch mir hat es gut gefallen.
Im Folgenden seht ihr noch einige der schönen Murals, die man an jeder Ecke in Pontiac bewundern kann:
Auch im nächsten Ort, Atlanta, gab es einige Wandmalereien, sowie den "Bunyon's Giant". Zum Glück hatten wir uns in Joliet mit zusätzlichem Kartenmaterial eingedeckt, sonst wären wir bestimmt achtlos an Atlanta vorbeigefahren, da es in keinem Reiseführer als sehenswert erwähnt wird, obwohl es sich auch damit rühmt, genau auf der Mitte der Route 66 in Illinois zu liegen. Überdies war es ein sehr hübscher kleiner Ort, dessen Murals bald noch schöner als die in Pontiac wirkten, was gewiss auch daran lag, dass nun endlich die Sonne schien. Auch die Temperatur stieg sogleich um 10°C.
Am Ortseingang von Springfield, der Hauptstadt Illinois hätten wir gerne "Shea's Gas Station" besucht, doch war der sie umgebende hohe Zaun leider verschlossen, so dass wir nur einen Blick durch die Maschen auf das Gelände erhaschen konnten. Vermutlich bereitete sich Bill Shea schon auf die Feierlichkeiten zum 04.Juli vor...
So zog es uns direkt in den (uns natürlich auch wieder von Adam Richman bekannten" Cozy Dog Drive In", wo wir die berühmten im Maisteig frittierten Würstchen am Stiel probierten. Konnte man essen, aber der Laden an sich gefiel mir besser.
Im Stadtzentrum statteten wir erstmal Abraham Lincoln einen Besuch ab. Der 16. Präsident der USA lebte viele Jahre in Springfield und ist hier auch begraben. Wir verzichteten aber auf einen Besuch seines Grabes auf dem Oak Ridge Cemetery, zu dem man sogar direkt mit dem Auto fahren kann. Auch auf die Suche nach seinem Wohnhaus machten wir uns nicht. So schlenderten wir nur ein wenig durch Downtown, vorbei am Old Courthouse und einigen netten Skulpturen und setzten unsere Fahrt fort.
Da die alte Route 66 ab Springfield nicht sonderlich gut ausgezeichnet war, wichen wir nach längerem planlosem Umherirren auf die Interstate aus, da noch einige Meilen vor uns lagen und es doch schon recht spät war. Schließlich ließen wir Illinois hinter uns und befanden uns nun in Missouri.
Unser Hotel "La Quinta Inn & Suites" lag zeimlich weit von St.Louis entfernt, so dass wir bei unserer Ankunft noch nichts von der Stadt sehen konnten. In Westport, einem schönen Hotel- und Restaurantkomplex unweit unserer Unterkunft, aßen wir italienisch zu abend und gingen dann auch schon recht bald ins Bett.
Am nächsten Morgen machten wir uns schon früh auf den Weg in die Innenstadt von St.Louis, denn es war der 4.Juli. Wir parkten ganz zentral in einem großen Parkhaus neben dem brandneuen Baseballstadion (Busch Stadium), an dem immer noch gearbeitet wurde. Trotz des Feiertags zahlten wir nur $8 fürs Parken. Ohne es genau gewusst zu haben, waren wir exakt rechtzeitig zur großen Independence Day Parade an der Parademeile, wo wir noch einen guten Platz ergatterten. Da die Sonne schon am Morgen prall vom Himmel schien, wurde Sonnencreme verteilt. Eine riesige Fahne prangte über dem Geschehen und wehte leicht vor dem strahlendblauen Himmel. Ein perfekter Feiertag. Als die Nationalhymne erklang und die ersten Wagen auftauchten, stellten wir uns direkt hinter die Rabatten auf der Hauptstraße, wo ein armes kleines Häschen hektisch hin und her lief und unter den Pflanzen Schutz vor Lärm und immer mehr Füßen suchte. Der kleine Kerl tat mir wirklich leid. Dann folgte ein Wagen dem nächsten, Fußgruppen und Marching Bands komplettierten den Zug, der uns fast zwei Stunden in der Sonne stehen ließ.
Nachdem von der Parade nur noch das Konfetti übrig war, machten wir uns auf dem Weg zum Arch, wo schließlich eine Flugschau stattfinden sollte. Wir gingen über die geschmückte Hauptstraße, über der schon eine Flugformation den Weg wies. Über Allem stand heute die US-Flagge, der wolkenlose Himmel und beste Stimmung. Wir harrten der Dinge, die dieser Festtag uns noch bringen sollte.
So zogen wir zunächst auf die Wiese vor dem Arch, wo zahllose "Fressbuden" und eine große Bühne standen. Wir setzten uns ins Gras und sahen den waghalsigen Flugmanövern zu. Mir ist bei so etwas immer etwas mulmig, da ich Angst habe, dass doch einmal etwas schief geht. Zudem wollte ich derartige Menschenmassen eigentlich meiden, gerade nachdem nicht lange zuvor der Anschlag beim Boston-Marathon stattgefunden hatte. Doch steckte die ausgelassene Stimmung an und wir wollten ja nichts verpassen. So häufig hat man ja auch nicht die Gelegenheit den Geburtstag seines Lieblingslandes in dieser Form mitzufeiern.
Die Flugshow wurde von Fallschirmspringern eröffnet. Dann folgten kleinere Flugzeuge, die spektakuläre Formen und Figuren in den Himmel malten. Besonders schön waren die in sich verschlungenen Herzen. Die Piloten hatten schon ordentlich was drauf und so ging zum Glück auch alles gut.
Nach der Flugshow picknickten wir noch mit einem leckeren Kebap und Zitronenlimonade auf einer Wiese am Fluss, dann mussten wir noch unbedingt auf den Gateway Arch hinauffahren. Von unten war er sehr beeindruckend, nun waren wir auf die Aussicht gespannt.
Zum Glück war die Schlange vor dem Arch trotz der Menschenmassen nicht so lang wie befürchtet, so dass wir nicht so lange in der prallen Sonne stehen mussten. Nach dem obligatorischen Sicherheitscheck besorgten wir uns Eintrittskarten für die Fahrt in den Bogen. Da wir noch 30 min Wartezeit hatten, bildeten wir uns noch ein wenig im integrierten "Museum of the Westward Expansion", das sich der Erschließung des Westens durch die Entdecker Lewis und Clark widmete, deren Ausgangspunkt St.Louis war. Der Arch ist das sinnbildliche "Tor zum Westen" und musste nun von uns erobert werden.
Als es Zeit war, sich zu den Aufzügen zu begeben, stellten wir fest, eine völlig falsche Vorstellung von diesen gehabt zu haben. Als gefragt wurde, wer zu zweit unterwegs sei, meldeten wir uns sogleich, da wir davon ausgingen, eine Reihe im Fahrstuhl auffüllen zu müssen und somit eher einsteigen zu können. Wir durften daraufhin die Reihe verlassen, bekamen eine Nummer und durften an den anderen Wartenden vorbei zu den Fahrstühlen gehen. Die unterschiedlichen Nummern ließen nichts Gutes erahnen, markierten sie nicht den Sitzplatz sondern den Fahrstuhl: Wir wurden also getrennt. Und es sollte noch schlimmer kommen: Die insgesamt 8 Fahrstühle hatten keine Sitzreihen, sondern 5 im Kreis montierte Sitze in einer Kabine, die so klein war, dass man gebückt einsteigen musste. So saß man letztlich mit fremden Leuten in einer kleinen weißen "Kapsel", die 4 min brauchte, um die 190 m zu erklimmen. Wer Platzangst hatte, war hier fehl am Platz, wer noch keine hatte, konnte sie durchaus bekommen, zumal bei der Platzvergabe keine Rücksicht auf die teils beeindruckende Körperfülle mancher Leute genommen wurde. Was war ich froh, als ich meinen Mann wiedersah...!
Oben angekommen wurde eine eventuelle Klaustrophobie weiter verstärkt, da der Raum mehr als beengt und voller Menschen war. Nur durch schmale Schlitze konnte man nach draußen sehen, wozu man sich auf mit Teppich verkleidete Schrägen legen musste, um überhaupt hinausgucken zu können. Die Aussicht war allerdings sehr schön, nur Höhenangst sollte man nicht haben. Ein schneller Abbruch des Ausflugs in 190 m Höhe war ebenfalls nicht möglich, da man natürlich auch in anderer Richtung eine ziemlich lange Wartezeit hatte. Wenigstens konnten wir dieses Mal gemeinsam in einen Fahrstuhl steigen, so dass die 4 min nun entspannter waren. Doch war ich froh, wieder festen Boden unter den Füßen zu haben.
Danach marschierten wir noch in das alte Hafenviertel "Laclede's Landing" am Mississippi, wo auch ordentlich etwas los war. In den alten Speicherhäusern und Schuppen aus dem 19. Jahrhundert gibt es nun Bars und Restaurants, die an diesem besonderen Tag Tische und Stühle bis auf die Kopfsteinpflasterstraße gestellt hatten.
Weil wir schon seit morgens um 9Uhr auf den Beinen waren und das große Feuerwerk erst um 21 Uhr starten sollte, beschlossen wir doch noch einmal zum Hotel zurück zu fahren, um uns ein wenig am Pool zu entspannen. Leider hatten einige andere Hotelgäste die gleiche Idee, so dass es recht voll war und zahlreiche Kinder die Entspannung zunichte machten. Wie blöd! Naja, saßen wir eben einfach so ein Bisschen rum. Nachdem wir uns frisch gemacht hatten, zog es uns wieder ins Getümmel. Zuvor wollten wir jedoch noch eine Kleinigkeit in "Poppy's Smokehouse" zu uns nehmen, doch natürlich war hier heute wegen des Feiertags geschlossen. Auf der Fahrt zurück ins Parkhaus vom Vormittag, bot sich uns dieser schöne Blick auf St.Louis:
Nachdem wir zum Glück noch einen Parkplatz in dem zentral gelegenen Parkhaus bekommen hatten, zogen wir wieder zum Gateway Arch, wo es mittlerweile wahnsinnig voll war. Nachdem wir die Taschenkontrolle hinter uns hatten (da war es wieder: das mulmige Gefühl...!), stellten wir uns zunächst an einer Imbissbude an, da "Poppy's" ja zu war. Eine halbe Stunde standen wir an und konnten nach und nach immer mehr Polizisten zwischen den Feiernden entdecken. Für Sicherheit schien gesorgt zu sein, doch das komische Gefühl blieb. Endlich bekamen wir leckeres asiatisches Essen und kühles Budweiser, mit dem wir uns auf eine Wiese hockten. Allmählich wurde es schon dunkel, doch wir hatten noch weit über 20°C. Unterhalb des Gateway Arch tummelten sich grob geschätzt 80000 Menschen und auf der Bühne wurde beste Livemusik gespielt. Der Gateway Arch leuchtete in der untergehenden Sonne als sei er aus Gold. Was für ein wunderbarer Abend !!!
Dann war es endlich soweit: Nach einer offiziellen Begrüßung durch die Organisatoren, wurde das große Feuerwerk gestartet. Zu aktueller Popmusik tanzten die Raketen unter dem großen Bogen. Wir quetschten uns zwischen die Menschen auf der großen Wiese, um einen frontalen Blick auf Arch und Feuerwerk zu haben. Es war wirklich wunderschön! Nur war ich ein wenig überfordert, hinsichtlich der Frage, ob ich lieber filmen oder fotografieren sollte. Schwer "bewaffnet" wechselte ich immer zwischen den Geräten. Wie schön das Feuerwerk wirklich war, sah ich dann erst bei Sichtung des Materials im Hotel...
Mit der letzten Rakete setzten sich alle grob geschätzt 80000 Menschen auf einmal in Bewegung Richtung Ausgang, so dass wir mehr zum Parkhaus geschoben wurden, als dass wir selber gingen. Im Parkhaus setzte sich das Chaos fort. Da wir oben auf dem Parkdeck standen, dauerte es ewig bis wir endlich auf der Straße waren und todmüde zum Hotel fahren konnten. Es war ein langer anstrengender, aber sehr schöner Tag!
Am 05.Juli verließen wir St.Louis und stoppten zunächst im wenig lohnenden "Route 66 Park" in Eureka, wo wir uns lediglich eine neue Karte für Missouri besorgten. Am Ortseingang von Cuba aßen wir im "Missouri Hick Bar-B-Q", was wirklich gut war.
Direkt daneben war das alte "Wagon Wheel Motel", das aus mehreren kleinen Natursteinhäusern bestand und einen sehr einladenden Eindruck machte.
Im Zentrum des netten kleinen Ortes gab es insgesamt 12 Murals, die Szenen wichtiger historischer Ereignisse in Cuba zeigen. So war zum Beispiel Bette Midler einmal zu Gast. Da Cuba nicht groß ist, fanden wir die Wandbilder mühelos auf einem kleinen Spaziergang entlang der Main Street.
Ein paar Kilometer hinter Cuba in der Gemeinde Fanning steht der mit 30m weltgrößte Schaukelstuhl "The Route 66 Rocker" am "Route 66 Outpost". Natürlich ist es streng verboten auf ihn rauf zu klettern, obwohl das bestimmt ein lustiges Foto gegeben hätte. So betrachteten wir ihn eben nur von unten und begutachteten die im Outpost feilgebotenen Kuriositäten. Dem Souvenirshop angegliedert war ein riesiger Waffenladen, der uns aber gar nicht interessierte.
Dann führte uns die Route 66 durch die tiefen Wälder Missouris zum "Devil's Elbow". Wir parkten an der alten Biker-Kneipe "Elbow Inn" aus dem Jahr 1929 und gingen dann zu Fuß über die mittlerweile recht marode wirkende Eisenbrücke von 1923, die über den Big Piney River führt. Der Bereich des Flusses bekam seinen "teuflischen" Namen von den damaligen Flößern, die hier Probleme mit der scharfen Flussbiegung hatten. Obwohl das Baden an dieser Stelle durch Schilder verboten war, tummelten sich an diesem heißen Tag doch einige Leute im Wasser. Wir blieben artig, obwohl ein Bad doch recht verlockend war.
Lebanon wurde als Gebrauchtwagenhauptstadt der USA angepriesen, doch was hier angeboten wurde, seht ihr im Folgenden:
Im Ort fanden wir dann doch noch die üblichen Gebrauchtwagenhändler und reguläre Autohäuser, die sich jedoch in Anzahl und Angebot nicht von denen in anderen Orten unterschieden. Am Ortseingang entdeckten wir das "Munger Moss Motel" aus dem Jahr 1946. Bevor die 66 begradigt und am Devil's Elbow vorbeigeleitet wurde, befand es sich wie das "Elbow Inn" am Big Piney River.
Auf der Weiterfahrt zu unserem heutigen Übernachtungsziel fuhren wir an einem toten Stinktier vorbei. Obwohl von ihm nicht mehr viel übrig war, stank plötzlich das ganze Auto. Nicht zu glauben, wie lange sich der üble Geruch hält... Doch sollte das nicht die einzige Härteprobe für unsere Nasen bleiben. In Springfield, Missouri, übernachteten wir im ehemaligen "Rail Haven Motel", das heute ein "Best Western" ist, aber immer noch mit seiner Geschichte wirbt. Rezeption und Frühstücksraum waren in einem Extragebäude, das wie ein Diner aufgemacht war. Davor standen Zapfsäulen und ein Oldtimer. 1956 soll Elvis hier übernachtet haben. Das Zimmer war recht ordentlich, doch stank es dermaßen muffig, dass wir erstmal in den Bettkasten guckten, ob da nicht noch jemand liegt. Da nichts half, kauften wir erstmal eine ordentliche Ladung Raumspray, welches wir inklusive meines Parfums in allen Ecken verteilten. Doch es half alles nichts!
Um dem Raumspray noch eine Chance in der Klimanalage zu geben, fuhren wir noch nach Springfield hinein, wo es recht belebt war. Viele junge Leute bevölkerten den Park Central Square, wo einige Gedenktafeln an das Revolverduell von 1865 zwischen Wild Bill Hickok und David Tutt erinnerten. In Brad Pitts Geburtsstadt gibt es einige Kneipen und Musikclubs, vor denen sich lange Schlangen bildeten, die von zahllosen Polizisten beäugt wurden. Einige schräge ultragläubige Christen (welcher Gesinnung auch immer) versuchten mit Plakaten der Sünde Einhalt zu gebieten. Hier gab es Leute... Schon bald traten wir den Rückzug an und aßen noch etwas bei "Taco Bell", aber was war? Im Zimmer stank es noch immer. So setzten wir uns noch vor das Zimmer ( das ist ja der Vorteil an einem Motel ) und beobachteten die Glühwürmchen im gegenüberliegenden Garten. Doch irgendwann mussten wir schließlich doch in dem Mief schlafen.
Am 06.Juli standen wir schon früh auf. Obwohl wir die ganze Nacht in dem schlimmen Geruch verbrachten, konnten wir ihn immer noch riechen. Also nichts wie raus hier, zumal heute 350 km Fahrt vor uns lagen. Nachdem wir bei Rock'n'Roll-Musik im stilisierten Diner gegessen hatten, machten wir uns wieder auf den Weg, immer auf der Route 66 entlang. Unser erster Halt war heute "Gay Parita's Gas Station" in Halltown. Gary Turner, der heutige Betreiber, saß mit einem österreichischen Biker auf der Veranda der alten Sinclair Tankstelle und war sichtlich erfreut, noch mehr Gäste begrüßen zu können. Er lud uns ein, uns aus seinem Kühlschrank zu bedienen und ein Schwätzchen mit ihm zu halten. Wir sahen uns noch ein wenig auf dem Gelände um, dann verabschiedeten wir uns und setzten unsere Reise fort. Vor der Tankstelle entdeckten wir hier zum ersten Mal das Route 66-Zeichen auf dem Asphalt. Dann konnte ja auf der Weiterfahrt nichts schief gehen.
Für unser nächstes Ziel mussten wir die alte Route jedoch für wenige Meilen verlassen, um zwischen Feldern den einem Freilichtmuseum nicht unähnlichen Künstlerort Red Oak II zu erreichen. Dieser Ort wird seit 30 Jahren von dem Künstler Lowell Davies ständig erweitert, in dem er alte Gebäude an ihrer ursprünglichen Stelle ab- und hier wieder aufbaut. So stammen die Gebäude auch aus unterschiedlichen Epochen und Stilrichtungen, bilden jedoch ein harmonisches Ensemble. Als wir hier am frühen Vormittag ankamen, waren wir die einzigen Besucher und hatten diesen kuriosen Ort ganz für uns, einzig der dicke Dorfhund begleitete uns auf unserem Weg. Leider war es sehr bedeckt und nieselte auch ein wenig, dennoch war es ein schöner Rundweg. Als wir zurück zum Auto gingen, füllte sich der Parkplatz und wir waren froh, dass wir die vielen schönen Motive ohne andere Menschen fotografieren konnten, auch wurde die Stimmung durch das Stimmengewirr zerstört. Heute hatte sich das frühe Aufstehen also mal wieder ausgezahlt. Unser pelziger Begleiter war plötzlich auch nicht mehr zu sehen, wahrscheinlich waren ihm Menschenmassen auch zuwider. Nur schade, dass wir uns nicht von ihm verabschieden konnten...
Danach fuhren wir weiter nach Carthage, wo wir am Carthage Square parkten. Hier befinden sich das Court House sowie einige historische viktorianische Gebäude aus den Jahren 1880 bis 1910. Die meisten der Gebäude beherbergten Antiquitätengeschäfte (wobei "Antiquitäten" hier ein dehnbarer Begriff ist) oder standen leer. Schnell hatten wir den kleinen Stadtkern abgelaufen und begaben uns wieder auf die Route 66.
Dann verließen wir Missouri und überfuhren für nur gerade einmal 19 km die Staatsgrenze von Kansas, wo die große Ebene der Great Plains begann. Es war sehr heiß, als wir im ersten kleinen Ort an der "Kan-O-Tex-Tankstelle" hielten. Laut Reiseführer "4 Women on the Route 66" genannt, prangte nun der Name "Cars on Route 66" an der alten zum Souvenirladen umfunktionierten Tankstelle. Wie beschrieben stürmte dennoch sogleich eine der Betreiberinnen heraus, um einen in den Laden zu lotsen. Die Eigentümerinnen wirkten beratend am Pixar-Film "Cars" mit, was die Namensänderung und der vor dem Laden zu bewundernde Abschleppwagen, der als Vorbild für "Mater" im Film diente, bezeugten.
Die alte Bergbaustadt wirkte in der Mittagshitze wie ausgestorben. Zwar standen einige Autos an der Straße, was uns vom Gedanken einer völlig verlassenen Geisterstadt Abstand nehmen ließ, doch hatte sich alles Leben in die Häuser zurückgezogen. Galena war für die wenigen Besucher, die sich hierher verirrten nett hergerichtet, besonders schön war, dass aus allen bepflanzten Straßenlaternen Musik kam. Man gab sich hier wirklich Mühe, doch war nicht zu übersehen, dass der Ort seine Blütezeit längst hinter sich hatte.
Nachdem wir Galena verlassen und das Örtchen Riverton durchfahren hatten, kamen wir an der "Rainbow Curve Bridge" vorbei. Die Beton-Bogenbrücke wurde 1923 über den Brush Creek gebaut. Gab es seinerzeit Hunderte solcher Brücken, stehen die letzten 35 noch erhaltenen in Kansas heute unter Denkmalschutz. Die Route 66 führte von 1926 bis 1960 über die Brücke, die heute nur noch als Einbahnbrücke befahrbar ist.
Als letzten Ort an der Route 66 in Kansas erreichten wir Baxter Springs, in dem schon Jesse James und Bonnie und Clyde ihr Unwesen trieben. In den Räumen der Crowell Bank, die einst von Jesse James ausgeraubt wurde, befand sich das "Café on the Route", das nun leider geschlossen ist. Dennoch wirkte Baxter Springs immer noch so, als würden Bonnie und Clyde jeden Moment um die Ecke kommen, obwohl es hier heute augenscheinlich nicht mehr wirklich etwas zu holen gibt...
Direkt hinter Baxter Springs war unser Kurzbesuch in Kansas wieder zu Ende und wir überfuhren die Staatsgrenze nach Oklahoma. Von hier aus machten sich viele verarmte Landarbeiter auf den Weg nach Kalifornien. Die Route 66 war für sie die Straße der Hoffnung und hat deshalb hier eine besondere geschichtliche Bedeutung. Dennoch fanden wir, dass die Main Street of America hier besonders schlecht ausgeschildert war, weshalb wir oft fluchten, als wir wieder mal falsch abgebogen waren. Schließlich hielten wir uns auf der US 69, die der Route 66 entspricht und uns zunächst ins kleine Commerce führte. Mehr durch Zufall entdeckten wir die einzigen erhalten Route 66-Memorabilia in diesem kleinen Ort: einen kleinen Eisladen ("Dairy King") und die Reste einer alten Conoco-Tankstelle.
Als Nächstes erreichten wir Miami, wo neun Indianerstämme ihr Hauptquartier haben, der größte davon sind die Cherokees. Ohnehin ist Oklahoma Indianerland, da 1830 ganze Indianervölker aus dem Osten in dieses seinerzeit wenig fruchtbare Land vertrieben wurden. Auf diesem "Trail of Tears" ließen zahllose Indianer ihr Leben. Im Rahmen unserer Südstaaten-Rundreise 2010 haben wir in Cherokee die Geschichte der vertriebenen Indianer gehört und Einblicke in ihr Leben erhalten. Nun waren wir also selbst am Ende des "Trail of Tears" angekommen, wo noch heute 67 verschiedene Stämme offiziell anerkannt sind. Tatsächlich erreicht ihr Bevölkerungsanteil in Miami nur 15%, weshalb von ihrer Kultur nicht wirklich etwas zu sehen war. Stattdessen ist Miamis ganzer Stolz das 1929 erbaute "Coleman Theatre" in der Main Street. Da wir nicht an einer Führung teilnehmen wollten, durften wir uns gegen eine kleine Spende ganz alleine in diesem wunderschönen Theater umsehen. Zum Glück startete die offizielle Führung offenbar in einem anderen Teil des Gebäudes, so dass wir die besondere Atmosphäre, in der auch schon Bob Hope und Bing Crosby auftraten, ganz ungestört auf uns wirken lassen konnten.
Nachdem wir uns das Coleman Theatre in allen Einzelheiten (inklusive der in den alten Künstlergarderoben untergebrachten Restrooms) angeschaut hatten, setzten wir unsere Reise fort. Auf dem Weg nach Tulsa, wo wir an diesem Tag übernachteten, stoppten wir noch am "Blue Whale Swimming Park" in Catoosa, der einst eine Attraktion für die Kinder an der Route 66 war, heute aber eher ein wenig lächerlich wirkt. Der fast 25m große begehbare Wal mit Wasserrutsche lud nicht zuletzt wegen des eher braunen Gewässers in dem er steht, nicht gerade zum Badevergnügen ein. Niedlich waren hingegen die zahllosen Wasserschildkröten, die ihre Köpfe aus dem Tümpel reckten. Vielleicht waren das ja aber auch die berüchtigten Schnappschildkröten...? Wir wollten es lieber nicht überprüfen.
In Tulsa, der zweitgrößten Stadt Oklahomas, angekommen, checkten wir zunächst in unser Hotel "Comfort Suites" ein, was geräumig und recht ansprechend war. Dann fuhren wir nach Downtown, um einen Eindruck von der vielbesungenen Stadt zu gewinnen. Dieser war jedoch nicht sonderlich überzeugend, wobei vermutlich auch die Tatsache, dass die Straßen menschenleer und der Himmel grau waren, eine Rolle spielten. So durchliefen wir eine unspektakuläre Großstadt mit zwar einigen schönen Art Déco-Gebäuden, jedoch wenig besonderen Highlights. Nachdem auch noch direkt vor unserer Nase eine Passantin von einer vermeintlich Irren umgerannt und wüst beschimpft wurde, traten wir den Rückzug an und wollten lieber noch im von Herrn Richman ("Man vs. Food") empfohlenen "Spudders Restaurant" essen gehen. Der Laden machte einen äußerst interessanten und urigen Eindruck, weshalb wir uns einen Platz im rustikalen Ambiente zuweisen ließen. Nach einem Blick in die erst am Platz einzusehende Karte schluckten wir schwer: So viel wollten wir dann doch nicht ausgeben. Aber was nun? Schnell wieder aus dem Laden rausgeschwuppst (irgendwie peinlich!) und doch lieber zu einem unserer hochgeschätzten "Cracker Barrel" gefahren. Für das Geld im "Spudders" konnten wir hier noch drei Leute zum Steakessen einladen...
Am 07.Juli lagen nur 185 km Fahrt vor uns, so dass wir einen entspannten Tag vor uns hatten, der uns zuerst nach Stroud führte, wo wir am "Rock Café" stoppten. Zu Beginn des vorigen Jahrhunderts hatte Stroud einen wilden Ruf. Es gab hier viele Saloons, die auch einige zwielichtige Gestalten anlockten, doch die Bürger wussten sich ihrer in Wild West-Manier zu erwehren. Heute ist der 1999 von einem Tornado völlig verwüstete Ort - freundlich formuliert - eher beschaulich. Das "Rock Café" ist der einzige "Saloon", daneben hatte der Krimskramsladen "Mamies" geöffnet.
Es war an diesem Morgen schon früh sehr warm, weshalb die Main Street menschenleer war und auch uns nicht nach einem längeren Marsch war. So schlenderten wir nur ein kurzes Stück an den zumeist leeren Geschäften vorbei und setzten unsere Fahrt fort.
Der nächste Ort, Chandler, wirkte durch weniger Leerstände etwas belebter, doch waren auch hier kaum Menschen auf der Straße zu sehen. Vor dem Lincoln County Museum mit seiner schönen Backsteinfassade lagen Bücher zur kostenlosen Mitnahme aus, aber der Gedanke ans Übergepäck verwehrte uns auch dieses Souvenir. Schon nach wenigen Schritten durchgeschwitzt, verweilten wir auch hier nicht länger.
Auf schnurgerader Straße ging es weiter durch Oklahoma, wo die Sonne zum Glück vom klaren Himmel strahlte, so dass wir keine Angst vor Tornados haben mussten, vor denen uns der Imigration Officer bei der Einreise gewarnt hatte.
In Arcadia hielten wir an der roten Round Barn. Die Rundscheune stammt aus dem Jahr 1898 und hat einen Durchmesser von 18m. In der Scheune war eine kleine Route 66-Ausstellung. Nachdem wir auch noch auf den "Tanzboden" gestiegen waren, steuerten wir unser nächstes Ziel an.
Um ins wunderschöne Guthrie zu gelangen, verließen wir die Route 66 und fuhren 25mi Richtung Norden. Die ehemalige Hauptstadt Oklahomas verfügt über das größte historische Zentrum der USA. An diesem Sonntagmorgen waren die Straßen noch nicht zugeparkt, so dass man die Fassaden in voller Pracht bewundern konnte. So schlenderten wir durch den denkmalgeschützten Stadtkern bis zum ältesten Saloon Oklahomas, der natürlich um diese Zeit nicht geöffnet hatte. So sahen wir uns den "Blue Belle"-Saloon eben nur von außen an. Insgesamt 2000 viktorianische Bauten gab es zu bestaunen und ich wünschte mir, dass man so einen schönen Ort grundsätzlich autofrei halten sollte, um die Wild West-Atmosphäre nicht zu zerstören, doch dann hätten wir in der Hitze ja selber bis sonst wo laufen müssen... Guthrie war auf jeden Fall den Besuch wert!
Nach diesem lohnenden Abstecher fuhren wir nach Oklahoma City, wo wir uns zunächst im Visitor Center mit neuen Maps eindeckten. Die Damen hier waren sehr nett und sorgten sich um meinen Sonnenbrand, der seit dem Independence Day blühte. Dann besuchten wir das National Memorial auf dem Gelände des Alfred P. Murrah Buildings, das ein irres Subjekt 1995 mit einer Autobombe sprengte.168 metallene Stühle stehen heute für die Menschen, die am 19.April um 9.02 Uhr ihr Leben ließen, darunter auch 21 Kinder, die gerade in die Kinderkrippe im Gebäude gebracht wurden. Die Stühle sind so positioniert, wie sich die Toten in dem 8-stöckigen Gebäude befanden. Noch heute befestigen Angehörige Erinnerungsstücke an dem Bauzaun vor der Gedenkstätte. Wir hielten uns eine Weile auf dem stillen Gelände auf, dann wandten wir uns wieder Fröhlicherem zu.
Im Anschluss fuhren wir nach "Stockyards City", wo montags und dienstags Viehauktionen stattfinden. An diesem Sonntag war folglich noch nicht viel los, nur einige Rinder standen schon in den Pferchen, was uns von einem Abendessen im berühmten "Cattlemen's Steakhouse" abhielt. Wenn die Tiere einen so angucken, mag man irgendwie kein Steak mehr essen... So warfen wir nur einen kurzen Blick in das seit 1910 existierende und somit älteste Restaurant Oklahomas, in dem schon John Wayne und Ronald Reagan speisten. Einige Cowboys waren in dem Distrikt zu sehen und ein Gang durch die Western Warehouses war für sich schon ein Erlebnis.
Durch die Hitze (wir hatten heute 37°C) hatten sich meine Schuhsohlen schon gelöst, weshalb ein weiteres Herumlaufen nicht möglich war. So fuhren wir zum Einchecken zu unserem Hotel "La Quinta Inn", was sich als längeres Prozedere erweisen sollte. Wir mussten zweimal das Zimmer tauschen, weil noch dampfende Flecken auf der Bettwäsche waren. Pfui Teufel! Dem armen Rezeptionisten war das äußerst peinlich, besonders nachdem er es dann mit eigenen Augen gesehen hatte. Ich frage mich bis heute, warum er das Zimmermädchen nicht vom Computer in der Lobby in die Zimmer scheuchte!? Leider war selbst die aus Scham upgegradete Suite nicht gerade doll, doch irgendwann wird es ja auch uns mal peinlich und scheinbar scheint dies der Standard des Hauses gewesen zu sein. Schnell eine Flasche Sagrotan verbraten und auf ging es zum Walmart, um einen Alleskleber für meine Schuhe zu kaufen. Auf dem Weg entdeckten wir einen "Panda Express", wo wir am Abend unbedingt einkehren wollten. 2008 hatten wir diese chinesische Fast Food-Kette in Kalifornien kennengelernt und seither nirgends mehr gesehen. So knackiges Gemüse bekommt man in den Staaten wohl nirgendwo sonst kredenzt. Da freuten wir uns schon drauf. Doch zunächst setzten wir uns noch zum Entspannen an den Pool, wo wir den österreichischen Biker wiedertrafen, ein wenig Erfahrungen austauschten und die weitere Route checkten, die natürlich nahezu deckungsgleich war. Dann aßen wir beim "Panda Express", der unsere Erwartungen im Gegensatz zum Hotel vollends erfüllte.
Am 08.Juli lagen 460km Fahrt vor uns, weshalb wir entsprechend früh aufstanden, zumal uns auch in dem schmuddeligen Hotel nichts hielt. Hinter dem Ort El Reno bogen wir zum "Fort Reno", einem ehemaligen Militärposten,ab, der uns jedoch nicht zum Aussteigen bewog. Die Rinder in einem kleinen Tümpel schienen uns da so gar noch interessanter und kamen auch gleich neugierig näher. Auf unserer Weiterfahrt wurde uns dann plötzlich vor Augen geführt, dass wir uns mitten in der Tornado Alley befanden: Die Schneise der Verwüstung des letzten Tornados befand sich direkt neben der Straße und die Aufräumarbeiten waren noch in vollem Gange. Zum Glück ließ auch heute das Wetter nur Gutes erahnen.
Für den weiteren Verlauf der Route 66 küssten wir mehrfach unseren Reiseführer ("Route 66 - neue Wege auf altem Asphalt" von Jens Wiegand; einen anderen sehr guten Reiseführer "Outdoor - der Weg ist das Ziel: USA Route 66" von Conrad Stein hatten wir dusseliger Weise zu Hause vergessen!), ohne den wir vermutlich schier verzweifelt wären. So gelangten wir schließlich ins Tal des Canadian River, das von einer 1,2km langen Stahlbrücke mit 38 sogenannten Ponybögen aus dem Jahr 1933 überspannt wird. Ohne unseren Reiseführer hätten wir dem Schild "Für den Durchgangsverkehr gesperrt" sicher vorbildlich Folge geleistet und hätten die alte Route 66 nie wieder gefunden... Die Fahrt war hier recht abenteuerlich, da die Route 66 eher eine Schotterpiste denn eine Straße war.
Nach einer Weile erreichten wir schließlich wieder die Zivilisation und machten eine kurze Rast in "Lucilles Roadhouse" in Hydro, das jedoch nicht mehr original war. Über Weatherford erreichten wir Clinton, wo wir am Route 66-Museum stoppten, uns jedoch nicht die Zeit für einen Besuch nahmen.
Auch in Elk City standen wir letztlich vor einem weiteren Route 66-Museum, das sogar aus insgesamt vier Komplexen mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten bestand. Die Gebäude sahen jedoch extrem touristisch aus und das Geld war uns letztlich zu schade dafür. Also schnell das imposante Schild fotografiert und weitergefahren, jedoch nicht ohne zuvor noch die schöne Reiterstatue vor einer Bank zu knipsen.
Nachdem wir auch Sayre und Erick in Oklahoma hinter uns gelassen hatten, erreichten wir direkt hinter Texola die Texas State Line. Direkt neben dem Schild zur Staatsgrenze, wurde auch sofort deutlich, dass in Texas scharf geschossen wird (siehe Foto unten). Im trockenen Waldstück neben dem zerschossenen Schild scheuchten wir ein Reh auf, dass hastig zwischen unserer Route 66 und der IS auf dem Grünstreifen lief. Ich mochte gar nicht in den Rückspiegel sehen, nicht dass das arme Tier noch in Panik auf den Highway gelaufen ist...
Bereits 20km nach der Grenze erreichten wir den ersten Ort in Texas: Shamrock. Außer dem 1936 im speziell interpretierten Art Déco-Stil erbauten "U-Drop Inn" in einer ehemaligen Tankstelle gab es hier nicht viel zu sehen. Dennoch trafen wir auch hier den Ösi wieder. Im "Burger King" erfrischten wir uns mit einem Mango Smoothie von der Hitze, dann ging es auch schon weiter.
Der im Internet als sehr fotogen beschriebene Ort McLean war ein sehr heruntergekommenes Nest, wo wir uns gar nicht wohl fühlten. Auch die wenigen farbenfrohen Wandmalereien konnten an diesem negativen Grundgefühl nichts ändern. Es war keine Menschenseele zu sehen, nur ein paar Hunde bellten wütend. Dazu die Hitze... Irgendwie war dies ein sehr unheimlicher Ort, den wir rasch verließen auch wenn die folgenden Fotos vielleicht einen anderen Eindruck vermitteln.
5km westlich wurden wir für einige Meilen auf die Autobahn gezwungen, wo wir an einem modernen Tornado-Shelter stoppten, von wo aus wir einen fantastischen Blick auf die Prärie hatten. Dicke Heuschrecken saßen im trockenen Gras und zirpten in der Gluthitze. Der Blick über das weite Land war wirklich schön, es hätten jetzt nur noch ein paar Büffel gefehlt.
Die restliche Strecke legten wir dann auf der IS zurück, da wir unbedingt noch den Palo Duro Canyon State Park besuchen wollten, der 30 mi südlich Amarillos liegt. Es ist das zweitlängste Canyonsystem der USA, in das man im Gegensatz zum Grand Canyon, den wir 2008 besuchten, mit dem Auto hineinfahren kann. Die Schlucht ist ca. 120mi lang, zwischen 6km und 20km breit und etwa 250m tief. Bei der Einfahrt in den Canyon warnte uns der Park Ranger vor der großen Hitze und fragte, ob wir denn genug zu trinken dabei hätten. Dann fuhren wir die Parkstraße 16mi in den Canyon hinunter und in einer Schleife vorbei an schönen Aussichtspunkten wieder zurück. Obwohl es noch nicht 17.00Uhr war, hatte das Visitor Center leider schon geschlossen. Einige Irrwitzige zelteten sogar in dem brütend heißen Grund des Canyons. Ne, das wäre nichts für uns, schon alleine wegen der hier zu findenden extrem giftigen Klapperschlangen. Aber die Tour war grandios.
Nachdem wir den schönen Canyon durchfahren und keinen Aussichtspunkt ausgelassen hatten, fuhren wir zu unserem "Best Western"-Hotel, das ziemlich abseits im Bereich "Medical Center" umgeben von Krankenhäusern und Arztpraxen lag. Das Zimmer war nicht besonders toll und einen Fahrstuhl gab es auch nicht, weshalb wir unser schweres Gepäck eine steile Treppe hinaufwuchten mussten. Der Poolbereich im Inneren war wenig einladend, ungepflegt und stickig, weshalb wir uns schnellstmöglich auf den Weg zur berühmten "Big Texan Steak Ranch" machten, von deren Lage wir zuvor eine völlig andere Vorstellung hatten. Fernsehberichte erweckten immer den Eindruck, dass sie recht außerhalb läge, doch befand sie sich im Stadtgebiet an der Durchfahrtstraße. Die ganze Zeit zuvor hatten wir auf teure Steaks verzichtet, um uns hier ein besonders schönes Stück zu gönnen, doch was war? Auf der Fahrt in die Stadt fuhren wir direkt neben einem großen Viehtransporter aus dem ein trauriges Rind guckte, das ein ganz verschnoddertes Schnäuzchen hatte. Sofort schoss mir durch den Kopf, dass es weint und seine großen Äuglein sagten deutlich "Hilf mir!" zu mir. Das tat mir so leid, dass mir nach allem anderen als nach Steak der Sinn stand. Dennoch kehrten wir im "Big Texan" ein und aßen auch, wie wir es uns fest vorgenommen hatten, ein riesiges Steak mit leckeren Beilagen. Es war gar nicht teuer und das beste Fleisch, das wir jemals serviert bekommen hatten. Dazu gab es eine Auswahl äußerst interessanter Biersorten, von denen ich "Whiskey"- und "Peach"-Bier probierte. Lecker! Das Lokal war riesig, urig eingerichtet und eine Rentner-Western-Combo untermalte das Ganze mit Musik. Leider war der in exponierter Lage aufgebaute Tisch für die 72oz Steak-Challenge nicht besetzt, so dass uns dieses Spektakel entging. Unser österreichischer (mittlerweile) Mitreisender gesellte sich auch ins Steakhouse und wir beschlossen noch einen Absacker im "Midnight Rodeo", dem bekanntesten Country Club der Stadt und größtem Honky-Tonk im Texas Panhandle, zu nehmen. Doch leider standen wir hier vor verschlossenen Türen, da ausgerechnet montags geschlossen war. Die an der Tür ausgehängte Kleiderordnung zeigte uns jedoch, dass wir ohne Hemd und Stetson ohnehin wenig Chance auf Einlass gehabt hätten. So fuhren wir in das unschöne Hotel zurück und gingen eben früher als geplant zu Bett.
Da am 09.Juli nur 180km vor uns lagen, schliefen wir etwas länger, was sich schon beim Frühstück rächen sollte. Der wenig einladende kleine Frühstücksraum war kurz vor Ende der Frühstückszeit rappeldicke voll, die ohnehin geringe Auswahl mangels Auffüllung schon jämmerlich und kein Tisch mehr frei. So aßen wir eben im Stehen und wunderten uns über die an einer Pinnwand ausgehängten zum Teil erstaunlich guten Bewertungen einiger Hotelgäste. Wo übernachten die denn bitte sonst...? Schnell checkten wir aus und fuhren kurz durch den Route 66-District Amarillos, der jedoch wenig aufregend war. Schon bald setzten wir unsere Fahrt fort.
Trotz genauster Vorbereitung zum Erreichen der "Cadillac Ranch", wären wir fast an ihr vorbeigefahren. Obwohl sie direkt an der Interstate liegt, ist die Zufahrt nicht ganz einfach, da man letztlich die rechte Frontage Road des I-40 bis zum Exit Arnot Road fahren, die Interstate von dort aus unterqueren und zurückfahren muss. So nah hätten wir sie zudem nicht an der Stadt vermutet, weshalb wir noch gerade so, die Ausfahrt erwischt haben. Die "Cadillac Ranch" besteht aus zehn nach Baujahren (von 1949 bis 1963) sortiert in den Boden eingegrabenen Fahrzeugen, die den amerikanischen Traum von Freiheit symbolisieren sollen. Mittlerweile sind sie komplett mit Graffiti übersprüht. Bei näherer Betrachtung stellt man fest, dass sie vermutlich auch nur noch von den zig Farbschichten zusammengehalten werden. Auch bei unserem Besuch waren schon einige Leute dabei, sich auf den Karossen zu verewigen. Da es auf dem flachen Acker recht windig war, hatte ich schon Angst, eine Ladung Sprühnebel auf die Linse zu kriegen. Ein irgendwie schönes, wenn auch skurriles Kunstwerk, dass sich durch die Sprayer immer wieder verändert. Weniger schön sind allerdings die Unmengen von Spraydosen, die einfach auf dem Acker zurückgelassen wurden.
Auf dem weiteren Weg durch Texas dachten wir von Weitem einen riesigen Schrottplatz zu sehen, je näher wir kamen umso entsetzter mussten wir erkennen, dass die riesige Fläche nicht voller Schrott, sondern voller Rinder war, die dicht an dicht in engen Pferchs standen. Ein Schild gab schließlich endültig Aufschluss, worum es sich hier handelte: "Beef Production". Wie schrecklich! Hätte man das Ganze nicht wenigstens als "Viehzuchtbetrieb" betiteln können? Rinder sind hier also gleich Fleisch. Dazu noch der Gedanke an das arme Rind auf dem Transporter und ich habe es doch tatsächlich geschafft, mir ausgerechnet in Texas das Steakessen abzugewöhnen.
Noch über den Umgang des Texaners und des Menschen allgemein mit dem Vieh sinnierend und diskutierend, erreichten wir schließlich Adrian und damit den Mittelpunkt der Route 66. Nun hatten wir also schon (oder erst?) die Hälfte der Strecke geschafft. Darauf gönnten wir uns im gemütlichen "Midpoint Café" erstmal ein leckeres BLT-Sandwich (ohne Rind!) und machten noch ein paar Fotos.
Direkt auf der Staatsgrenze zwischen Texas und New Mexico stoppten wir in der Geisterstadt Glenrio. Die letzten Einwohner verließen den Ort in den 80er-Jahren, einzig hinter der verfallenen Tankstelle schien noch ein bewohntes Haus zu stehen. Da wütendes Hundegebell erklang, als ich für ein paar Fotos das Auto verließ, trat ich doch lieber schnell den Rückzug an. Direkt am verfallenen Motel ist der Zeitzonenwechsel von der Central Time zur Mountain Time, weshalb die Uhr eine Stunde zurückgestellt werden musste. Hier hätten wir also gleichzeitig in zwei Staaten und Zeitzonen stehen können, hätten wir uns noch einmal getraut auszusteigen...
Mit Glenrio ließen wir auch Texas hinter uns. Da wir uns entschlossen, nicht auf die I-40 zurückzufahren, verpassten wir zwar das New Mexico- Welcome Center und das Staatsschild, dafür hatten wir nun ein Fahrerlebnis der besonderen Art.
Ab Glenrio verwandelte sich die alte Route 66 in eine Schotterpiste. 19mi fuhren wir durch die Prärie, wobei uns bis San Jon kein Auto entgegen kam. Dann und wann sah man ein paar Rinder oder weit entfernt liegende marode Anwesen. Hier eine Autopanne zu haben, wäre mit Sicherheit kein Geschenk zumal die einzige Tankstelle auf der Strecke, die auf den folgenden Bildern war... Doch wir vertrauten unserem Chevy und wagten das Abenteuer durch die immer schöner werdende Landschaft des Indianerstaates, in dem vorwiegend Navajo leben.
Nach vielen Meilen durch Hitze und Einöde erreichten wir schließlich Tucumcari, wo wir zunächst im "Rodeway Inn" eincheckten. Die indianischen Betreiber waren nett und auch das Zimmer war ganz in Ordnung. Und wer war schon da? Direkt neben unserem Zimmer hatte der Österreicher schon Quartier bezogen. So parkten wir mal wieder direkt neben seiner Harley und machten uns auf, den interessanten Ort zu erkunden. In Tucumcari gibt es viele alte Restaurants und Motels mit gut erhaltenen Neonreklamen. Zudem finden sich überall an den Hauswänden große Murals, für die das kleine Informationszentrum, in das mich eine nette muralbegeisterte alte Dame schleifte, eine Übersichtskarte bereithält. Da es hier so viel zu sehen gab, machte der Spaziergang entlang der Main Street einen Riesenspaß, da ein Fotomotiv dem anderen folgte. Besonders schön und klassisch war das "Blue Swallow Motel", das zu Hundert Prozent einem typischen Route 66-Motel entspricht, wobei es dennoch von der Ausstattung auf dem neusten Stand ist. Schade, dass unsere Pauschale solche klassichen Hotels, die ja eigentlich den Reiz der Reise ausmachen, nicht im Programm hatte. Am Westende der Stadt entdeckten wir noch ein ca. 10m hohes, teilverchromtes Denkmal an die Route 66, die hier lebendiger als sonstwo zuvor erscheint. Tucumcari ist somit ein Pflichtpunkt auf der Route 66-Tour.
Nachdem wir den schönen Ort genaustens in Augenschein genommen hatten, aßen wir in einem "Pizza Hut" und füllten unseren Getränkevorrat in einem Supermarkt auf, da die weitere Strecke durch recht einsame Landschaft führen würde und es noch heißer werden sollte. Leider sahen wir uns die Leuchtreklamen nicht mehr bei Nacht an, aber es war schon spät und wir unterhielten uns noch lange mit dem Österreicher am Hotel.
Am nächsten Morgen standen wir dann wieder sehr früh auf, da heute ein ziemlich langer Abstecher auf dem Programm stand. So warfen wir noch einen letzten Blick auf den dem Ort seinen Namen gebenden Berg Tucumcari, der sich neben dem Hotel mit unverbautem Blick präsentierte. Es ist nicht genau geklärt ob der Name dieses heiligen Bergs der Indianer auf die tragische Liebesgeschichte von Tucum und Kari zurückgeht, oder ihm einfach die profanere Variante des indianischen Wortes für "Aussichtspunkt" zu Grunde liegt.
Seis drum: Unser Weg führte zunächst durch eine relativ ebene Wüstensteppe. Nach der Überquerung des Rio Pecos kletterte die Straße dann am Fuß der Mesa Apache bis auf fast 2000m Meereshöhe.
Wo die Sangre de Christo Mountains in die Ebene übergehen, lag schließlich Las Vegas, das zeitweise als härtestes Pflaster des ganzen Westens galt, nicht zuletzt da Jesse James, Billy the Kid, Wyatt Earp und Doc Hollyday hier ihre Spuren hinterließen. Entsprechend viele Westernfilme wurden hier vor diesem realen Hintergrund gedreht. Las Vegas wuchs am Santa Fe Trail, weshalb die Eisenbahn eine bedeutende Rolle in der Entwicklung des Ortes spielte, stellte sie doch die Hauptverbindung des nördlichen Mexicos zu den USA dar. Auch wir suchten das Bahnhofsgebäude auf, da sich hier das Visitor Center befand. Der Ort selber war trotz seiner über 900 denkmalgeschützter Gebäude weniger spektakulär als erwartet und auch ein richtiges Westernfeeling wollte nicht so recht aufkommen.
Die weitere Strecke Richtung Santa Fe verlief parrallel zum Südrand des Hochplateaus Glorieta Mesa. Dann erreichten wir die wunderschöne Hauptstadt New Mexicos, die sich in ihrem Baustil von allen zuvor gesehenen Städten abhob: In Santa Fe gibt es keine Hochhäuser und alle Gebäude sind sandfarben im Pueblo-Stil erbaut. 1610 wurde diese besondere Stadt am Camino Real zur Hauptstadt New Mexicos erklärt. Der Camino Real führte als Handelsstraße von El Paso den Rio Grande hinauf nach Santa Fe. An ihm liegt auch das jüngere Albuquerque, wo wir an diesem Tag noch übernachten wollten. Zudem endete hier der Santa Fe Trail, der erste über tausend Meilen lange Verbindungsweg von Missouri in den Westen.
In Santa Fe parkten wir neben dem Gouverneurspalast, dem ältesten öffentlichen Gebäude der USA. Heute verkaufen in dem Rundbogengang Indianer ihre Kunst. Überhaupt gibt es in Santa Fe sehr viele Kunstgewerbeläden, sowie schöne Patios und Restaurants. Als wir unseren Rundgang starteten, wurde auf der Santa Fe Plaza gerade folkloristische Musik dargeboten und auch später konnte man Straßenmusikanten lauschen oder einfach am Brunnen in der Mitte der Grünanlage entspannen. Auch die schöne Kathedrale Basilica St. Francis sahen wir uns an. Insgesamt hat uns Santa Fe ausgesprochen gut gefallen. Es herrscht hier eine sehr entspannte Atmosphäre, die vermutlich auch die vielen Hippies anzog, die an diesem Tag das Stadtbild prägten. Komisch eigentlich, wo die Stadt doch so teuer zum Leben sein soll. Enttäuscht war ich allerdings von den vielen Autos, die überall vor den schönen Gebäuden standen, damit das Gesamtbild störten und Fotografieren erschwerten. So war Santa Fe ein Ort, dessen Schönheit ich auf meinen Fotos gar nicht so wiedergeben kann, wie ich sie tatsächlich empfunden habe. Das bedeutet: Fahrt unbedingt nach Santa Fe und schaut euch diesen fantastischen Ort mit eigenen Augen an !!!